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20. April 2016 3 20 /04 /April /2016 11:50

Nachdem ich mich in meinem letzten Eintrag für mehr Spreizung der Gehälter im öffentlichen Dienst ausgesprochen habe, besteht heute mal wieder Anlass, auf das umgekehrte Phänomen in der Entwicklung der Spitzengehälter der sog. Freien Wirtschaft hinzuweisen. Nach aktuellen Untersuchungen, die heute vom Handelsblatt (morning briefing) zitiert werden, hat sich die durchschnittliche Vergütung für Aufsichtsräte in den letzten zehn Jahren fast verdoppelt. Vorstände legten beim Gehalt im selben Zeitraum immerhin noch um 55 Prozent zu. Normale Angestellte dagegen mussten sich mit 27 Prozent Tarifsteigerung begnügen. Sowohl bei der Gehaltsnivellierung im Öffentlichen Dienst als auch bei der Abkopplung der Spitzengehälter von der allgemeinen Lohn- und Gehaltsentwicklung geht es um das gleiche Problem, um Gerechtigkeit. Der französische Revolutionär Danton soll kurz vor seiner Hinrichtung durch die Jakobiner gesagt haben: „Gerechtigkeit ist eine göttliche Tugend und deshalb unerreichbar.“ Gleichwohl verliert eine Gesellschaft eine entscheidende Legitimation, wenn die Menschen das Gefühl haben, es gehe nicht (mehr) einigermaßen gerecht zu. Deshalb liegt es im allgemeinen Interesse, dass die Disparitäten nicht zu groß werden und gleichwohl nicht alles in einer Gleichmacherei endet. In der Steuerpolitik, der Sozialpolitik und unter den Tarifpartnern wird immer wieder an verschiedenen Stellschrauben dieses Gefüges gedreht. Nicht immer werden dabei die Gesamtzusammenhänge klar und die Auswirkungen auf das Gesamtsystem bedacht. Eine politische Vision von Gerechtigkeit, die die veränderten Rahmenbedingungen berücksichtigt, ist bei den politischen Parteien nicht erkennbar. Vielleicht ist auch das ein Grund, warum das Vertrauen der Mehrheit der Bevölkerung in die Volksparteien zu schwinden scheint.

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