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18. September 2015 5 18 /09 /September /2015 22:25

Die Oberbürgermeister und Landräte des Ruhrgebiets fordern mehr Geld von Land und Bund für die Unterbringung der Flüchtlinge in den Städten und Gemeinden. Um künftig Steuererhöhungen und Schließungen von kommunalen Einrichtungen zu vermeiden, fordern die Verwaltungschefs eine vollständige Kostenerstattung durch Land und Bund. Nur so könne der soziale Frieden in den Kreisen, Städten und Gemeinden gewahrt bleiben. Recht so! Insbesondere in Nordrhein-Westfalen ist die Kostenerstattung für den Mehraufwand durch den Zustrom von Flüchtlingen völlig unzureichend. Starke Sprüche helfen da wenig. Die politische Rahmenbedingungen für eine Lösung der Probleme werden zwar in Düsseldorf, Berlin und Brüssel und anderen Orten der Welt geschaffen, konkret findet Flüchtlingsunterbringung, Verpflegung, medizinische Erstversorgung und letztlich Integration in den Städten und Gemeinden statt, wo jetzt schon hauptamtliche und ehrenamtliche Helfer bis zum Anschlag arbeiten.

Wir schaffen das, wiederholt die Bundeskanzlerin bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Natürlich. Wir sind ein reiches Land. Der Arbeitsmarkt und unsere Sozialversicherungssysteme und vielleicht auch unsere vielerorts satte und bequeme Gesellschaft können frisches Blut gut gebrauchen. Eine Million Zuwanderer in 2015 verteilen sich aber zuerst in die Städte und Gemeinden. Dort müssen Wohnungen bereitgestellt werden. Dort müssen Hebammen Frauen bei Geburten helfen, die kein Wort Deutsch verstehen, dort müssen Zahnärzte Menschen helfen, die seit langer Zeit keine zahnärztliche Versorgung hatten. Dort müssen an Schulen Förderklassen für Kinder und Jugendliche neu eingerichtet werden und, und, und … jawohl, das ist alles zu schaffen. Aber nicht mit einem weiter so. Gravierende Veränderungen sind notwendig und nicht nur kleine Korrekturen. Das betrifft natürlich auch das System der Kommunalfinanzierung. Der Kämmerer einer Ruhrgebietsstadt berichtete mir in dieser Woche, dass die mühsam durchgefochtene Grundsteuererhöhung vollständig von den Netto-Mehraufwendungen (also Aufwand minus Erstattung vom Land) für die Flüchtlingsaufnahme aufgezehrt werde. Keine gute Voraussetzung zur Schaffung einer guten Stimmung in der Stadt. Klare Kante gegen Fremdenfeindlichkeit ist gut und wichtig. Ebenso wichtig ist aber mehr Ehrlichkeit. Erstmal wird uns der Flüchtlingszustrom alle, also alle die in dieses Transfersystem einzahlen, mehr Geld kosten. Ausbildung und Qualifikation für den deutschen Arbeitsmarkt wird es nicht zum Nulltarif geben. Auch die sozio-kulturelle Integration wird Geld kosten. Aber es wird gut angelegtes Geld sein.

Bisher konnte man in dem Glauben leben, globale Politik gehe uns in Deutschland nicht viel an. Diese scheinbare Gewissheit wird gerade kräftig erschüttert. Zusammenhänge werden erst in Ansätzen deutlich. Dass die europäischen Agrarsubventionen, die gerade mal wieder erhöht worden sind, dem Agrarkontinent Afrika keine Chance geben, hat sich noch nicht bis überall hin herumgesprochen. Dass die vor allem am Ölnachschub interessierte westliche Nahostpolitik der letzten Jahrzehnte katastrophale Folgen zeigt, ist offensichtlich. Das alles können die Kommunalpolitiker nicht ändern. Sie müssen mit den Herausforderungen vor Ort fertig werden. Gemessen daran, ist der Appell der Oberbürgermeister und Landräte des Ruhrgebiets noch sehr zurückhaltend formuliert.

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